Inhalte:
- Allgemeines zum Superädifikat
- Definition Superädifikat
- Die rechtliche Einordnung des Superädifikates
- Voraussetzung des Superädifikates
- Das Bauwerk
- Entstehung des Superädifikates
- Weitergabe des Superädifikates
- Pfandrecht am Superädifikat
- Das Ende des Superädifikates
Allgemeines zum Superädifikat
Aus wirtschaftlicher Sicht bestand schon immer ein starkes Interesse am „geteilten Eigentum“ an Liegenschaften. Die Einräumung eines Baurechtes vor der Baurechtsgesetz-Novelle 1990 war aber nur einem eingeschränkten Personenkreis möglich, weswegen die Zahl der Anwendungsfälle des Superädifikates außerordentlich groß war. Das Interesse an der Mietung fremder Liegenschaften zur Errichtung von Betriebsanlagen ist daher, speziell unter dem Aspekt der steigenden Beliebtheit von Immobilienleasingfinanzierungen stark gestiegen. Dem Grundeigentümer verbleiben dadurch die wertbeständige Kapitalanlage der Liegenschaft und die Möglichkeit einer Grundwertsteigerung, während er gleichzeitig einen Ertrag aus seinem Kapital erzielen kann. Der Investor braucht den Grund nicht zu erwerben, ist aber Eigentümer des Gebäudes. Es steht unzweifelhaft fest, dass die Rechtsunsicherheit der Superädifikate mit der steigenden wirtschaftlichen Bedeutung immer problematischer wird.
Die Publizität des Grundbuches wird durch das Institut des Bauwerkes auf fremdem Grund eingeschränkt, was für den Liegenschaftsverkehr eine gewisse Gefährdung bedeutet. Ein Liegenschaftskäufer oder ein Pfandgläubiger kann beim Erwerb bzw. bei einer hypothekarischen Sicherstellung einen großen wirtschaftlichen Schaden erleiden, wenn auf der von ihm gekauften bzw. als Pfand verwendeten Liegenschaft das vermeintlich dazugehörige Bauwerk und diese stellt sicherlich einen gewichtigen Wert dar, ein Superädifikat ist. Aus dem Grundbuch ergibt sich diesbezüglich kein Hinweis, denn die Ersichtlichmachung des Superädifikates erfolgt mit Beantragung einer Hinterlegung einer entsprechenden Urkunde.
Das materielle Publizitätsprinzip, d.h. das Vertrauen auf den Grundbuchstand (alles was eingetragen ist, gilt und alles, was nicht eingetragen ist, gilt nicht), erstreckt sich keineswegs auf den Überbau. Dieser Vertrauensgrundsatz bezieht sich nämlich nur auf das Grundstück samt Zubehör, aber nicht auf das Bauwerk auf fremdem Grund, denn das Superädifikat gehört eben nicht zum Grundstück. Unzweifelhaft werden dadurch die Leitprinzipien des Grundbuchrechtes in praktischer Hinsicht aufgeweicht.
Definition Superädifikat
Superädifikate sind Bauwerke, die auf fremden Grund in der Absicht aufgeführt werden, dass sie nicht stets darauf bleiben sollen. (§ 435 ABGB)
Die rechtliche Einordnung des Superädifikates
Eine Sache (d.h. alles, was von einer Person verschieden ist und zum Gebrauche der Menschen dient) kann unterschiedlich eingeteilt werden. Bei dieser Einteilung ist besonders auf die Differenzierung zwischen bewegliche und unbewegliche Sachen zu achten, denn je nachdem knüpfen daran unterschiedliche Rechtsregeln und Rechtsfolgen.
Die sogenannten Superädifikate werden grundsätzlich als beweglich angesehen, auch wenn sie in solider Bauweise aufgeführt sind (§ 297 ABGB). Es ist jedoch zu betonen, dass Superädifikate in manchen Beziehungen als unbeweglich behandelt werden. Dies insbesondere bezüglich des derivaten, d.h. abgeleiteten Rechtserwerbs, der ausschließlich nach denselben Regeln wie bei nicht verbücherten Liegenschaften vor sich geht, nämlich durch Urkundenhinterlegung. Weiters werden Superädifikate in Bezug auf Gewährleistungsfristen als eine unbewegliche Sache behandelt. Auch hinsichtlich der Verdinglichung von Bestandrechten und hinsichtlich der Wiederkaufs- und Vorkaufsrechte sowie Belastungs- und Veräußerungsverbote werden Superädifikate als unbewegliche Sachen beurteilt (§ 1 Abs. 1 lit. A bis e UHG).
Umgekehrt werden bezüglich des sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes beim Rechtserwerb vom Nichtberechtigten die Fahrnisregeln angewendet. Gemäß § 367 ABGB kann der redliche Erwerber, der vom besitzenden Vertrauensmann des Eigentümers erworben hat, Eigentum am Bauwerk (Superädifikat) erhalten. Wegen der ausschließlichen Eignung der Urkundenhinterlegung als Erwerbungsart (Modus) bedarf es allerdings der Urkundenhinterlegung durch den Nichtberechtigten.
Superädifikate werden nicht Zubehör des Grundstückes und sind demgemäß Gegenstand eines besonderen Eigentumsrechtes. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit am Superädifikat Miteigentum zu haben. Die Miteigentümer stellen nach außen eine Person dar, die dem oder die Grundeigentümer gegenübersteht. Die gesetzlichen Regelungen über Superädifikate erschöpfen sich in § 435 ABGB und dem Urkundenhinterlegungsgesetz.
Voraussetzung des Superädifikates
Die Möglichkeit der Sonderrechtsfähigkeit der Superädifikate wird aus § 297 ABGB abgeleitet. Diese Norm rechnet zu den unbeweglichen Sachen „….. diejenigen, welche auf Grund und Böden in der Absicht aufgeführt werden, dass sie stets darauf bleiben sollen, als: Häuser und andere Bauten….“
Demgemäß erklärt § 435 ABGB die Sonderrechtsfähigkeit bestimmter Bauwerke.
Maßgeblich für ein Superädifikat ist somit das Vorliegen von zwei Tatbestands-Merkmalen:
- Ein Bauwerk
- Auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt, dass es nicht stets darauf bleiben soll
Eine Ersichtlichmachung des Superädifikats im Grundbuch ist rechtlich unerheblich und braucht überhaupt nicht vorhanden sein)
Das Bauwerk
Für das Vorliegen der Bauwerkseigenschaft wurden mehrere Kriterien entwickelt:
- Herstellung unter Einsatz von Arbeit und Material
- Feste Verbindung mit dem Boden. Es genügt schon irgendeine feste körperliche Verbindung mit dem Grundstück, auch wenn diese ohne besondere Schwierigkeit wieder lösbar ist. Daher ist ein bloß abgestellter Wohnwagen kein Bauwerk; bei einer Bretterbude ist maßgebend, ob sie auf dem Boden bloß aufgesetzt oder mit dem Boden fest verbunden ist.
- Zweckbestimmungen, demzufolge die Sache an keinen anderen Ort bewegt werden soll. Für den Normalfall soll die Zweckbestimmung eine räumliche Bewegung ausschließen. Bei einem Zelt wird dieses Merkmal in der Regel fehlen, wodurch es kein Bauwerk sein kann.
Die Judikatur hat ausdrücklich klargestellt, dass eine massive Bauweise der Beurteilung eines Superädifikates nicht entgegenstehen muss. Unbestritten ist auch, dass Bauwerke „unter“ fremdem Grund (zB. Tunnel), ebenfalls Superädifikate sein können. Es gibt in Österreich zahlreiche Bauwerke auf fremden Grund von unterschiedlichster Beschaffenheit und Zweckbestimmung, Beispielhaft können Bretterhütten, Schrebergartenhütten, Scheunen, Magazine, Sporthallen, Schut- und Almhütten, Wohnhäuser, Bürohäuser, Tankstellen, Gaststätten usw. genannt werden.
Entstehung des Superädifikates
Die Rechtsprechung betont, dass der ursprüngliche Eigentumserwerb am Bauwerk durch die Bauführung selbst (ohne Urkundenhinterlegung) erfolgt. Das liegenschaftsrechtliche Publizitätsprinzip wird für Superädifikate entsprechend der herrschenden Ansicht abgelehnt. Der ursprüngliche Eigentumserwerb ist ein Vorgang, der urkundlich nicht erfasst ist. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn bei der Errichtung des Gebäudes über die Eigentumsfrage überhaupt keine bestimmte Vorstellung bestand. Wird erst nach Fertigstellung des Überbaus ein schriftlicher Vertrag errichtet, in dem nunmehr der Erbauer als Eigentümer des Bauwerkes und Mieter des Grundstückes aufscheint, liegt in Wahrheit gar kein Superädifikat vor. Eine Sonderform für die Begründung eines Superädifikates kann bei sogenannten Eigentumsvorbehaltsfällen entstehen. Dabei wir dein Grundstück unter Eigentumsvorbehalt verkauft und übergeben. Die Einverleibung des Käufers als Eigentümer soll aber erst nach Kaufpreiszahlung erfolgen. Der Käufer errichtet aber sogleich mit Zustimmung des Verkäufers ein Haus. Dieses ist nach Meinung der Rechtsprechung ein Superädifikat, denn es ist objektiv erkennbar, dass das Gebäude nicht ständig auf fremdem Grund bleiben soll.
Weitergabe des Superädifikates
Aufgrund des Gesetzes bedarf es zur Übertragung des Eigentums an Superädifikaten der Hinterlegung einer entsprechenden Urkunde bei Gericht. Der § 435 ABGB nimmt dabei Bezug auf § 434 ABGB – Eigentumsübertragung an nicht verbücherten Liegenschaften.
Eine Ersichtlichmachung diese Urkundenhinterlegung, dient nur Informationszwecken und hat keine rechtliche Bedeutung. Lediglich den Status eines redlichen Besitzers gemäß § 326 ABGB beim Erwerb einer Liegenschaft kann eine Ersichtlichmachung ausschließen.
Für die Eigentumsübertragung ist als Modus nur die Urkundenhinterlegung und nicht die Ersichtlichmachung derselben notwendig.
Beim Erwerb eines bestehenden Superädifikates besteht keine urkundliche Gewähr für die Berechtigung des Vormannes. Da ein Superädifikat mit seiner Errichtung entsteht, kann eine ganze Kette von Veräußerungen in Schwebe sein, wenn sich herausstellen sollte, dass aus irgendwelchen Gründen ursprünglich überhaupt kein Superädifikat entstanden ist. Dies trifft ebenso bei einer Hinterlegung einer Pfandbestellungsurkunde zu. Diese Möglichkeit gefährdet sicherlich den Liegenscahftsverkehr.
Das einem Superädifikat zugrundeliegende Rechtsverhältnis ist im Falle einer Veräußerung exakt zu prüfen. Problemlos ist der Fall, dass vereinbart wurde, dass das Vertragsverhälntis beiderseits auf die Rechtsnachfolger übergeht. Fehlt eine derartige Vereinbarung, dann ist die Zustimmung des Bestandgebers einzuholen, widrigenfalls ein Kündigungsgrund gemäß § 30 (2) Zif. 4 MRG vorliegen könnte.
Im Falle einer Unternehmensveräußerung und damit die „Weitergabe“ der Bestandsache läge dieser Kündigungsgrund nicht vor.
Es besteht durchaus die Möglichkeit das Grundbenützungsrecht im Rahmen eines Untermietverhältnisses zwischen ersten Bauwerkseigentümer und dem Erwerber des Superädifikates weiterzugeben, sofern dies nicht ausdrücklich untersagt wurde. Dabei ist aber der Erwerber vom Rechtsverhältnis zwischen dem Hauptmieter und dem Grundeigentümer abhängig. Zumal er diesbezüglich keine unmittelbare Einflussnahme hat, birgt diese Konstruktion große Risiken.
Endet der Hauptmietvertrag vor dem Untermietvertrag, so hat der Untermieter und Eigentümer des Superädifikates die ursprünglich vertraglich vereinbarten oder rechtlich vorgesehenen Maßnahmen zu setzen. Das bedeutet meist entweder den Abbruch des Gebäudes oder die Übertragung des Eigentum am Superädifikat an den Grundstückseigentümer mit oder ohne Entschädigungszahlung. Bezüglich des wirtschaftlichen Nachteils wegen der vorzeitigen Unterbestandauflösung ist der Untermieter auf Schadenersatzansprüche gegen den Hauptmieter beschränkt.
Pfandrecht am Superädifikat
Das Pfandrecht zählt zu den dinglichen Rechten. Der Erwerb eines dinglichen Rechtes erfolgt durch Einigung über den Pfandrechtserwerb (Titel), zu der bei Superädifikaten die Hinterlegung der Pfandbestellungsurkunde (Modus) tritt.
Beim Zusammenfallen von Grund- und Gebäudeeigentum ist die Rechtsstellung eines Pfandgläubigers am Superädifikat zu beachten. Das es unzulässig ist, Verträge zu Lasten Dritter zu vereinbaren, ist dieser Fall für den unbeteiligten Dritten als Pfandgläubiger unbeachtlich. Seine Rechte werden dadurch nicht beschnitten, dh., dass für den Pfandgläubiger der Überbau nach wie vor seine rechtliche Selbstständigkeit besitzt.
Das Ende des Superädifikates
Das dem Superädifikat zugrundeliegende Grundbenützungsrecht endet nach den jeweils, dafür geltenden Regeln. Z.B. erlischt die Miete für ein Grundstück in der Regel durch Zeitablauf, Kündigung oder einvernehmliche Auflösung. Sollte für diesen Fall keine Vereinbarung über das rechtliche Schicksal des Superädifikates getroffen worden sein, so sind die entsprechenden gesetzlichen Regelungen für den jeweils endenden Vertragstyps heranzuziehen. Das bedeutet im Fall eines Mietverhältnisses gemäß § 1109 ABGB, dass der Bestandnehmer das Grundstück in der Form zurückzugeben hat, in der er es übernommen hat.
Es ist offenkundig, dass diese Konsequenz äußerst unwirtschaftlich und unpraktisch ist. Der Bauwerkseigentümer muss dadurch die Abbruchkosten tragen und verliert gleichzeitig den Restwert des Bauwerks. Für den Grundstückeigentümer bedeutet diese Lösung ebenfalls einen Wertverlust, da ein bebautes Grundstück wertvoller ist als ein unbebautes. Deshalb sollte schon am Beginn eines Superädifikatsverhältnisses oder spätestens am Ende eine vertragliche Vereinbarung über das Schicksal des Bauwerks getroffen werden.
In der Regel kommen die Beteiligten überein, dass das Bauwerk gegen Bezahlung einer Entschädigung in das Eigentum des Grundeigentümers fällt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit Ende des Grundbenützungsrechtes der Eigentümer des Superädifikates entweder dieses abtragen muss oder wenn der Vertrag dies vorsieht, das Eigentum auf den Grundeigentümer zu übertragen hat. Hierbei handelt es sich um einen derivativen Eigentumserwerb.